Als die Lebensumstände im Land sich nach dem Krieg allmählich normalisierten, als Menschen wieder Zeit und Lust fanden, in der Runde von Gleichgesinnten über ihre Träume für die Freizeit zu reden und Pläne für die Zukunft zu machen, trafen sich in Dortmund etwa 50 Motorradfreunde. Am 15. Januar 1950 gründeten sie den „Dortmunder Motorradsport-Club“.
Die Anfänge waren bewegt. Seit 1949 hatten die maßgeblichen Leute versucht, alle Interessenten unter einen Hut zu bringen. Der Verein änderte im Februar 1951 seinen Namen, damit war der „Dortmunder Motorsport-Club e. V. im ADAC“ geschaffen, weil man sich dem ADAC angeschlossen hatte. Nach einer knappen Kampfabstimmung wechselte der Vorsitz, Emil Andexer übernahm das Steuer. Mitte 1953 gab es die Fusion mit dem Tourenclub Dortmund. Damit war unser Verein in der uns bekannten Form mit dem bis heute gültigen Stellenwert in der Stadt angekommen. Diesen Anfang versteht man, wenn man einige Informationen aus dem Hintergrund kennt: Von den rund 50 Mitgliedern am Anfang hatten drei ein Motorrad. Nur mit Theorie ist es nicht leicht, die Leute auf Dauer zu halten. Man hatte andere Probleme zu meistern. So nahm ein heute undenkbares Projekt eine wichtige Rolle ein: gemeinsame Anschaffung von Motorrädern durch Sammelbestellung und gemeinsames Finanzieren und Sparen. Schon nach einem Jahr hatte man zehn Motorräder geliefert (sieben Horex Regina 350, eine Triumph 250, zwei Triumph 125). Von Oktober 1950 bis September 1952 wurden Maschinen im Wert von 64000 DM ausgeliefert. Das waren mehr als 35 Motorräder. Ein einzigartiges und mutiges Projekt. Gab es so etwas auch an anderer Stelle?
Eine der ersten Veranstaltungen wird im ersten Rundschreiben angekündigt: „Am 26. März dieses Jahres (2. Ostertag) findet die erste gemeinsame Ausfahrt aller Motorradbesitzer zum großen Ostereiersuchen statt. Start um 10.00 Uhr auf dem Hansaplatz in Dortmund. Länge der Strecke ca. 75 km hin und zurück. Interessenten dürfen mitgebracht werden. Teilnehmer melden sich bis 17.3. an Untergruppe. Untergruppen melden die Teilnehmer bis 19.3. an den Vorstand oder unter Telefon 24496.“
Ostereier suchen oder Fuchsjagden waren die ersten gemeinsamen Unternehmungen der Mitglieder des jungen Clubs. Man hatte Freude daran, gemeinsam unterwegs zu sein. Schon bald wurden daraus richtige Wettbewerbe, Ausfahrten auf der Straße, auf Feldwegen oder im Gelände. Die Fahrer des Dortmunder Vereins spielten schnell eine wichtige Rolle in der ersten Reihe der erfolgreichen Motorsportler und sammelten Erfolge und Siege. Damals hatte man eine Wertung nach Medaillen und Plaketten in Gold, Silber und Bronce. Die erste Goldmedaille erkämpfte bei der Westfalenfahrt 1951 der spätere Vorsitzende Emil Andexer mit seiner Frau Ilse, woraus man schließen kann, dass es
ich um eine Auto-Veranstaltung gehandelt haben sollte. Ein schnelles kleines Auto war der NSU Prinz, der von einigen DMC-Mitgliedern eingesetzt wurde.
Den sportlichen Stellenwert des Vereins und seiner vielen erfolgreichen Fahrer konnte man ablesen an zahlreichen höchsten Sportauszeichnungen und Gaumeister-Titeln in allen motorsportlichen Disziplinen. Einzelheiten dazu finden sich in den Festschriften aus den Jahren 1975, 1990 und 2000. Damit soll an dieser Stelle der Rückblick auf die Anfänge enden.
Als sich am Samstagabend, am 29. Februar 2020, die Clubmitglieder des DMC und die eingeladenen Gäste im Brauersaal der Dortmunder Actien Brauerei für die Feier von 70 Jahren Dortmunder Motorsport-Club e. V. im ADAC versammelten, war das Stichwort Corona bereits durchaus geläufig. Die Hinweise, auf das Händeschütteln oder auf Umarmungen zu verzichten, wurden von einem Teil der Festgesellschaft befolgt. Der andere Teil setzte sich noch froh gelaunt bewusst darüber hinweg. Immerhin wollten alle das Jubiläum feiern – unter Vereinskollegen, unter Freunden. Dazu hatte Dieter Stüwe, Vorsitzender des DMC, im Namen des Vorstands in den festlich geschmückten Saal eingeladen.
Zehn Wochen später mit einschneidenden Einschränkungen des privaten und öffentlichen Lebens hat kaum ein Clubmitglied ein anderes gesehen oder getroffen – fast alle Begegnungen waren bei Androhung empfindlich hoher Bußgelder untersagt. Sport war komplett aus dem Kalender gestrichen, so dass Fußball-Bundesliga und Formel 1 sich besonders peinlich als Wirtschaftszweige hervortaten und ein zurück zum normalen Leben forderten. Mitte Mai war ungewiss, wann der DMC seine Sportveranstaltungen auf dem Nürburgring wieder durchführen könnte. Es hatte zu Beginn eines jeden Jahrzehnts der Vereinsgeschichte ein großes Jubiläumsfest gegeben. Noch nie musste man im DMC eine so lange Zeit des völligen Stillstands erleben. Im schlimmsten Fall könnte es passieren, dass das Jahr 2020 aus dem Blickwinkel Motorsport zu einem kompletten Ausfall geriete. Aber hier und dort konnte man in diesen Tagen erste kleine Lichter am Ende des Tunnels erkennen.
Im offiziellen Teil des Abends standen die Festredner und langjährige und verdiente Clubmitglieder im Mittelpunkt, die für ihre Mitarbeit und Treue zum Verein geehrt wurden. Fester Bestandteil aller Winterfeste ist die Ehrung der DMC-Sportmeisterschaft des abgelaufenen Jahres. Nach der Saison 2019 hatten 15 aktive Clubmitglieder ihre Erfolge für die Wertung eingereicht. Zwei Trends bestimmten die Liste der erfolgreichen Motorsportler: Nur in Ausnahmefällen werden moderne Sportgeräte eingesetzt, die Old- und Youngtimer geben den Ton an. Auch bei den Wagensportlern hat es sich durchgesetzt, dass man mindestens eine Motorrad-Veranstaltung fährt. Um in die Endwertung der DMC-Sportmeisterschaft zu kommen, bringt jeder Aktive seine besten fünf Ergebnisse ein und wird dann mit einem Pokal geehrt.
Die Saison 2019 konnte Hans-Werner Both auf dem dritten Platz abschließen. Mit einer Hercules W 2000 hat er erfolgreich an Oldtimer-Ausfahrten teilgenommen. Mit diesem seltenen Motorrad – auch „Staubsauger“ genannt wegen der speziellen Form des Motors mit seiner Luftkühlung und der charakteristischen Geräusche des Wankelmotors – erregt er überall Aufsehen. Mit seinen Vespa-Rollern ist „Hansi“ Both international bei Rallyes und Rennen der Vespa-Szene am Start und sammelte in 2019 42,63 Punkte.
Den zweiten Platz erkämpfte Dirk Stracke auf zwei und vier Rädern. Seine Zündapp Bergsteiger ist ein richtiges Moped mit Pedalen und 50 ccm, was ihn unterwegs in den Bergen des Sauerlands häufig viel Geduld kostet, wenn er mit rund 2 PS bergauf unterwegs ist. Mit vier Rädern schwört Dirk Stracke auf das Fabrikat Audi, einen 50 LS und einen 80 LS brachte er an den Start. Der kleine 1100er kommt gut den Berg hinauf und sorgte für einige Podiumsplätze bei Berg-GLP, was ihm am Ende auch den zweiten Platz im deutschen Retro-Berg-Cup 2019 einbrachte. Zudem fuhr er gute Resultate bei Oldtimerrallyes ein, wobei sich für Dirk Stracke Arnsberg immer mehr als ein gutes Pflaster erweist.
Sieger der DMC-Sportmeisterschaft 2019 wurde Bernd Adler mit seinen verschiedenen alten Motorrädern aus England – AJS, BSA und Norton. Damit legte er eine lupenreine Serie von Klassensiegen hin bei Oldtimerrallyes und auch –Rennen. Nach der Abrechnung ergaben sich 46,31 Punkte für den großen Siegerpokal für das Jahr 2019. Gegen 18 Motorräder in der Klasse konnte er sich bei der größten Motorrad-Oldtimer-Veranstaltung weit und breit an Pfingsten in Ibbenbüren durchsetzen und den sportlich wertvollsten Sieg einfahren.
Und dann war noch ein besonderer Gast im Saal unterwegs, als „Günna“ (Bruno Knust) aus dem Olpketal-Theater von den kleinen und großen Ereignissen im Leben der Menschen aus dem Ruhrpott erzählte. Günna ist längst weit über die Grenzen von Dortmund hinaus bekannt. Seine Anmerkungen zu Arbeitswelt und Fußball (selbstverständlich durch die gelb/schwarze Brille betrachtet), Frauen und Männer, den Ruhrpott mit seinen Menschen im Besonderen fanden mitten in der Stadt bei den DMC-Mitgliedern dankbare Zuhörer – ein echtes Heimspiel für Günna und den DMC. Er erzählte nicht von oben von der Bühne, sondern war unten im Saal unterwegs – so richtig einer von uns.
Gut eine Woche vor dem Jubiläumsfest hatte der Verein während der Mitgliederversammlung auch personell eine nicht immer einfache Dekade abgeschlossen und mit einem deutlich verjüngten Vorstand den Start in ein neues Jahrzehnt der Vereinsgeschichte gewagt. Dazu passte es ausgezeichnet, dass Ehrensportleiter Bernd Blumenstiel der Festgesellschaft verkünden konnte, dass von Seiten der Stadt Dortmund die grundsätzliche Zusage vorliegt, den rund einen Kilometer Luftlinie entfernt liegenden Eberplatz wieder für zum Beispiel Slalomveranstaltungen zu nutzen. Die Freude aller Clubmitglieder war groß und allenthalben wurde diese Nachricht als ein hoffnungsvolles Zeichen für den DMC der neuen Zwanziger Jahre gewertet.